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Wir leben in einem elektrischen Stromkreis

Wenn Menschen den Begriff Weltraumwetter hören, denken sie vielleicht an Sonneneruptionen, die Satelliten stören, oder an Polarlichter, die in der polaren Nacht schimmern. Im Kern ist Weltraumwetter jedoch nichts Exotischeres als das Verhalten geladener Teilchen, die von der Sonne ausströmen.

Die äußeren Schichten der Sonne sind ein brodelndes Plasma: so heiß, dass Elektronen und Protonen nicht mehr in Atomen gebunden sind, sondern sich frei bewegen. Wie ein riesiger Glühfaden in einer Vakuumröhre sendet die Sonne kontinuierlich diesen elektrisch leitenden Strom aus, den Sonnenwind. Er strömt mit Hunderten von Kilometern pro Sekunde durch das Sonnensystem und trägt Elektronen, Protonen, Alphateilchen und verworrene Magnetfelder mit sich.

Raumsonden am L1-Punkt – eine Million Kilometer stromaufwärts von der Erde – messen den Sonnenwind in Echtzeit. Sie teilen uns mit, wie viele Elektronen, Protonen und schwerere Ionen ankommen und wie schnell. Unter ruhigen Bedingungen hat der Wind einen leichten Überschuss an Elektronen, sodass der interplanetare Raum einen schwach negativen Ladungshintergrund trägt.

Wenn eine koronale Massenausstoßung (CME) von der Sonne explodiert, verschiebt sich das Gleichgewicht. Riesige Blasen aus Plasma und Magnetfeld fegen durch den Weltraum und kollidieren mit dem magnetischen Schild der Erde. An den Polen wird ein Teil dieser Energie entlang der Magnetfeldlinien nach unten geleitet und regt Sauerstoff- und Stickstoffatome zu leuchtenden Vorhängen aus Grün und Rot an: die Aurora borealis auf der Nordhalbkugel und die Aurora australis auf der Südhalbkugel.

Die Erde ist seit Milliarden von Jahren in dieser Umgebung gebadet. Leitende Körper, die in Plasma getaucht sind, bleiben nicht neutral; sie sammeln Ladung an. Über geologische Zeiträume hat sich die Erde auf ein leicht negatives elektrisches Potenzial relativ zu ihrer Weltraumumgebung eingestellt.

Diese Erkenntnis ist unser Übergang vom Weltraum zum Himmel: Wenn die Erde negativ ist und der Raum darüber von Elektronen und Protonen durchflutet wird, wie gleicht sich die Ladung in der Atmosphäre selbst aus? Die Antwort ist die Ionosfäre.

Die Ionosfäre und das Schönwetterfeld

Die Ionosfäre beginnt etwa 50 km über der Erde und erstreckt sich in Hunderte von Kilometern. Dort lösen ultraviolettes Sonnenlicht und einströmende Teilchen Elektronen aus Atomen und hinterlassen ein verdünntes Gas aus Ionen. Für uns am Boden scheint die Luft ein Isolator zu sein. Doch mit zunehmender Höhe steigt die Ionisierung rapide an, und die Leitfähigkeit nimmt um mehrere Größenordnungen zu.

Die Ionosfäre wurde in den 1920er Jahren entdeckt, nicht von Physikern, sondern von Funkingenieuren. Edward Appleton und seine Kollegen bemerkten, dass Radiowellen manchmal weit über den Horizont hinaus reisten. Die Signale prallten von einer leitenden Schicht hoch oben ab – das, was wir heute die E- und F-Schichten der Ionosfäre nennen. Dieses „Spiegel am Himmel“ machte weltweite Rundfunksendungen möglich, und Appletons Arbeit brachte ihm einen Nobelpreis ein.

Doch über das Radio hinaus hat die Ionosfäre eine tiefere Bedeutung. Stellen Sie sich die Erde als eine leitende Kugel vor, die eine negative Ladung trägt, und die Ionosfäre als eine positiv geladene Schale, die Dutzende Kilometer hoch liegt. Dazwischen liegt die Atmosphäre: kein perfektes Vakuum, kein perfekter Isolator, sondern ein undichtes Dielektrikum. Zusammen bilden sie einen kugelförmigen Kondensator, der auf etwa +250.000 Volt geladen ist.

Am Boden erscheint dieses Potenzial als das atmosphärische Schönwetter-Elektrofeld: etwa +100 bis +300 Volt pro Meter, nach unten gerichtet. Mit anderen Worten, die positive Ionosfäre zieht Elektronen nach oben und lässt die Oberfläche relativ negativ zurück. Da die Luft mit der Höhe leitfähiger wird, findet der größte Teil dieses Spannungsabfalls in den untersten 10–15 km statt – der Troposfäre, wo sich alle Wolken und das Wetter befinden.

Unter ruhigen Bedingungen ist dieses Feld stabil, nur moduliert durch den globalen Rhythmus aller Stürme der Welt – ein täglicher Zyklus, der als Carnegie-Kurve bekannt ist. Diese ruhige Grundlage bereitet jedoch die Bühne für das Drama der Gewitter.

Gewitter als elektrische Maschinen

Innerhalb einer wachsenden Cumulonimbuswolke kollidieren Billionen von Eispartikeln und Tröpfchen. Jedes trägt Ionen: H⁺ und OH⁻, die im Wasser ständig vorhanden sind. Das umgebende elektrische Feld beeinflusst, wie sich diese Ladungen bewegen. Kleine Eiskristalle neigen dazu, positive Ladung aufzunehmen und werden durch Aufwinde nach oben getragen, während schwerere Graupel negative Ladung sammeln und in mittlere Höhen sinken.

Das Ergebnis ist eine Tripolstruktur:

Diese Trennung spiegelt ein berühmtes Experiment des 19. Jahrhunderts wider. Im Jahr 1867 baute Lord Kelvin – bekannt für die thermodynamische Temperaturskala – ein Gerät, das nur aus tropfendem Wasser, Ringen und Eimern bestand. Der Kelvin-Wassertropfengenerator nutzte kleine ionische Ungleichgewichte in fallenden Tropfen aus. Durch geschickte Induktion wurden diese Schwankungen verstärkt, bis Funken von Tausenden von Volt aus dem Apparat sprangen.

Kelvins Tischgerät war ein Gewitter in Miniatur. Wolken sind lediglich größere Versionen derselben Ladungsfabrik, angetrieben von Schwerkraft, Konvektion und Kollisionen.

Die meisten Blitze, die wir sehen, kommen aus der negativen mittleren Schicht, die sich zur Erde entlädt. Doch manchmal gibt die obere positive Region ihre Ladung frei. Diese positiven Blitzschläge sind weitaus stärker, tragen größere Ströme und reichen Dutzende Kilometer seitwärts – die berüchtigten „Blitze aus heiterem Himmel“. Sie sind selten, aber tödlich und das Gegenteil des Schönwetterfeldes: Die positive Wolkenoberseite entlädt sich direkt zur Erde.

Jedes Gewitter wirkt daher als Generator, der positive Ladung nach oben zur Ionosfäre und negative Ladung nach unten zur Erde pumpt. Zusammen halten die etwa 2.000 aktiven Stürme der Erde das globale 250-kV-Potenzial aufrecht und füllen auf, was sonst entweichen würde. Gewitter sind nicht nur Wetterereignisse; sie sind die Kraftwerke des planetaren Stromkreises.

Gewitter, die in den Weltraum reichen

Jahrhundertelang dachte man, Blitze seien unter der Wolkenbasis beschränkt. Doch der Stromkreis verläuft in beide Richtungen. Stürme entladen sich auch nach oben, in die Ionosfäre, manchmal bis in den nahen Weltraum.

In den 1990er Jahren entdeckten Satelliten, die nach kosmischen Gammastrahlenausbrüchen suchten, etwas Unerwartetes: Millisekundenblitze von Gammastrahlung von der Erde selbst. Diese terrestrischen Gammastrahlenblitze (TGFs) entstehen, wenn elektrische Felder an den Sturmspitzen Elektronen auf nahezu relativistische Geschwindigkeiten beschleunigen, sie in Luftmoleküle krachen lassen und Gammastrahlen emittieren. Ein Gewitter wird zu einem natürlichen Teilchenbeschleuniger, der mit von Menschen gebauten Maschinen konkurriert.

Lange bevor Satelliten dies bestätigten, flüsterten Höhenpiloten über seltsame Lichter: rote Glut, blaue Kegel, haloartige Ringe über Stürmen. U-2-Piloten in den 1950er Jahren könnten zu den Ersten gehört haben, die sie sahen, doch ihre Berichte wurden als optische Täuschungen abgetan. Erst im späten 20. Jahrhundert wurden sie von Kameras eingefangen:

Zusammen sind dies transiente Leuchtereignisse (TLEs) – die verborgenen Blitze des Himmels, die Stürme mit der Ionosfäre verbinden. Sie beweisen, dass Gewitter nicht lokal, sondern globale Akteure sind, die Energie und Teilchen nach oben injizieren, Funkübertragungen, Satellitenbahnen und sogar Strahlungsgürtel stören.

Wir begannen mit Weltraumwetter als etwas, das der Erde auferlegt wird. Nun sehen wir das Gegenteil: Die Erde selbst erzeugt Weltraumwetter, durch die Arbeit ihrer Stürme.

Leben im Stromkreis

Inzwischen ist der Umriss klar: Erde, Ionosfäre und Weltraum sind in einem globalen elektrischen Stromkreis verbunden. Doch dieses Thema fällt ungeschickt zwischen die Disziplinen.

Das Ergebnis ist, dass atmosphärische Elektrizität durch die Ritzen fällt. Standard-Wetterberichte geben Temperatur, Druck, Wind und Feuchtigkeit an – aber nicht das statische atmosphärische Feld, obwohl es mit einem einfachen Feldmesser gemessen werden kann.

Warum messen?

Wir haben bereits Modelle. Blitznetzwerke (Blitzortung, ALDIS, EUCLID) zeigen Sturmaktivitäten in Echtzeit, indem sie Sferics, die Radiopulse von Blitzen, verfolgen. Warum nicht dasselbe für statische elektrische Felder aufbauen?

Ein solches Netzwerk könnte:

Der Aufruf an Observatorien

Viele Observatorien messen bereits atmosphärische Elektrizität, doch die Daten sind verstreut und verborgen. Ein koordiniertes globales Vorhaben namens GLOCAEM (Global Coordination of Atmospheric Electricity Measurements) wurde vor wenigen Jahren gestartet und verbindet etwa 20–30 Stationen aus Europa, Asien, Afrika und Amerika. Einige dieser Standorte – wie das Conrad-Observatorium in Österreich, Lomnický Štít in der Slowakei und Eskdalemuir in Schottland – haben eine lange Geschichte der kontinuierlichen Überwachung des Potenzialgradienten.

Im Gegensatz zu Blitznetzwerken wie Blitzortung bleiben diese Datenströme jedoch weitgehend in den Händen von Forschern. Echtzeitdiagramme existieren, sind aber nicht weithin bekannt gemacht oder für die öffentliche Nutzung konzipiert. Für die meisten Menschen – sogar Physikstudenten – bleibt das atmosphärische Feld unsichtbar.

Das ist die Lücke: nicht die Messung, sondern die Zugänglichkeit. Was benötigt wird, ist die Übersetzung wissenschaftlicher Archive in öffentliche Dashboards und offene APIs, genauso wie Sferics-Netzwerke die Sturmaktivität zu etwas gemacht haben, das jeder live verfolgen kann. Eine Bürgerwissenschaftsschicht über bestehenden Forschungsnetzwerken könnte die Schleife schließen – versteckte Observatoriumsdiagramme in eine lebendige „fünfte Wettervariable“ verwandeln.

Das Bild vervollständigen

Wir leben in einem elektrischen Stromkreis. Die Erde ist die negative Platte, die Ionosfäre die positive, und Gewitter sind die Generatoren. Blitze sind nur das sichtbarste Symptom. Sprites, Jets, Gammastrahlen und Schönwetterströme sind der Rest.

Diese verborgene Dimension des Wetters in die Öffentlichkeit zu bringen – durch Öffnen von Daten und den Aufbau von Netzwerken – würde unser Verständnis des Himmels vervollständigen. Es würde uns bessere Vorhersagewerkzeuge, neue Erkenntnisse über Klima und Gesundheit und ein wiederhergestelltes Gefühl des Staunens geben: die Erkenntnis, dass die Welt, auf der wir gehen, nicht nur im Weltraum rotiert, sondern leuchtet, summt und funkt in einer planetaren elektrischen Maschine.

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